Vertraulicher Bericht: Bundesregierung warnt vor Chinas Seidenstraße und fordert EU-Strategie

Epoch Times2. Mai 2021

Die Bundesregierung fordert eine europäische Antwort auf die chinesische Seidenstraßen-Initiative – und verliert die Geduld mit der EU.

In einem internen Papier, über welches das „Handelsblatt“ (Montagsausgabe) berichtet, macht das Auswärtige Amt seinem Ärger darüber Luft, dass die EU ihr Potenzial „noch immer nicht ausschöpft“.

Trotz einer „mündlichen Zusage“ von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verlaufe die Umsetzung gemeinsam verabredeter Pläne „insgesamt stockend“, klagen die Diplomaten in dem als vertraulich eingestuften Dokument.

Peking reagiert auf den weltweiten Bedarf an Infrastruktur, indem es in Asien, Afrika und Lateinamerika Häfen, Straßen, Zugstrecken und Datenverbindungen baut – zum Vorteil der eigenen Wirtschaft und zur Ausweitung der eigenen Machtsphäre.

Das Auswärtige Amt warnt: Peking nutze die Seidenstraßen-Initiative, „um politischen Einfluss global auszudehnen, globale Standards und Normen nach eigenen Vorstellungen zu prägen und Industriepolitik, insbesondere durch Förderung von Staatsunternehmen, voranzutreiben“. China schaffe damit „parallel zu etablierten multilateralen Institutionen sinozentrische Strukturen, die nicht in unserem Interesse liegen“.

Um der „großen globalen Nachfrage nach Infrastrukturinvestitionen und besserer Vernetzung“ nachzukommen, macht sich die Bundesregierung im EU-Kreis für eine „ambitionierte, sichtbare und global ausgerichtete EU-Konnektivitätsstrategie“ stark, wie das Auswärtige Amt schreibt. Diese sei „ein wichtiges Instrument zur globalen Durchsetzung europäischer Werte, Standards und Interessen – auch im Systemwettbewerb mit China“.

EU-Industriestrategie setzt auf gezielte Wirtschaftsunterstützung

Die Entwicklung von Europas Industrie soll in den kommenden Jahren deutlich mehr politisch unterstützt und gesteuert werden. Das geht aus der überarbeiteten Industriestrategie der EU-Kommission hervor, die am Mittwoch vorgestellt werden soll und über die das „Handelsblatt“ (Montagsausgabe) berichtet.

Die EU-Kommission will die digitale und die ökologische Transformation demnach schneller vorantreiben, sie will Abhängigkeiten von anderen Wirtschaftsräumen reduzieren und den Binnenmarkt in Krisensituationen schützen.

Die EU-Kommission sieht sich unter Druck, die Wirtschaft in die richtige Richtung zu lenken. „Wirtschaftssysteme, Unternehmen und ihre Arbeitnehmer, die nicht Schritt halten, riskieren zurückgelassen zu werden“, heißt es in der Industriestrategie.

Die Kommission will außerdem erreichen, dass Unternehmen ihre Lieferketten und auch ihre Absatzmärkte diversifizieren. „Wenn notwendig“, solle auch darauf hingearbeitet werden, Lagerkapazitäten für bestimmte Produkte aufzubauen und autonom agieren zu können. Die Strategie setzt weniger darauf, Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Stattdessen definiert sie konkrete Ziele, teilweise einzelne Produkte, bei denen sie den Markt beeinflussen möchte.

So ist von 137 Produkten die Rede, die in sensiblen Ökosystemen eine Rolle spielen, und bei denen die EU in hohem Maße von Importen abhängig ist.

Rohmaterialien in energieintensiven Industrien, medizinische Wirkstoffe und Produkte

Insbesondere geht es dabei um Rohmaterialien in energieintensiven Industrien, medizinische Wirkstoffe und Produkte, die bei der ökologischen oder digitalen Transformation bedeutsam sind. 52 Prozent dieser Produkte importiert die EU aus China, elf Prozent aus Vietnam.

Die Europaabgeordnete Nicola Beer (FDP) bewertet die Industriestrategie kritisch. Sie drängt darauf, den Binnenmarkt für alle Unternehmen zu stärken, statt ausgewählte Unternehmen direkt zu unterstützen.

„Klimaschutz und Digitalisierung sind die einzigen Themen, bei denen die Kommission mehr als fünf Jahre vorausschaut“, sagte Beer dem „Handelsblatt“. Dabei brauche man ähnliche Perspektiven auch bei der Ausbildung von Fachkräften, beim Bürokratieabbau und bei der Stärkung der Innovationsfähigkeit. (dts)



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